Migration & Arbeitsmarkt Arbeitsmarktintegration von Frauen mit Fluchterfahrungen

Zwei Frauen in Arbeitskleidung stehen in einer Industriehalle.
© iStock / coffeekai

Frauen mit Fluchterfahrung in Deutschland

 Ende 2023 lebten in Deutschland rund 3,17 Millionen Menschen, die als Schutzsuchende gekommen sind. Die meisten von ihnen kamen aus der Ukraine, Syrien, Afghanistan, Irak und der Türkei. Zusammen machen diese Staatsangehörigkeiten fast drei Viertel aller Geflüchteten aus. 2,53 Millionen Geflüchtete verfügten Ende 2023 über einen anerkannten Schutzstatus. Der Anteil der weiblichen Personen unter den anerkannten Schutzsuchenden lag bei 49 Prozent. Der Frauenanteil ist bei Geflüchteten aus der Ukraine mit 62 Prozent dabei deutlich höher als bei Geflüchteten aus Syrien oder Afghanistan (je 39 Prozent) (vgl. Destatis 2024). 

Erwerbstätigkeit von Geflüchteten steigt mit der Aufenthaltsdauer

 Analysen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) für das Jahr 2022 zeigen, dass die Erwerbstätigkeit von Geflüchteten beider Geschlechter mit der Aufenthaltsdauer steigt (vgl. Brücker et al. 2023, S.2). (Hinweis: Die Analysen beziehen dabei Geflüchtete aus der Ukraine nicht mit ein!) 
Direkt nach der Ankunft sind nur wenige Geflüchtete erwerbstätig, denn sie unterliegen oft noch Beschäftigungsverboten oder befinden sich im Asylverfahren. Mit der Zeit steigt die Erwerbstätigenquote jedoch: Von sieben Prozent im ersten Jahr nach Zuwanderung auf 62 Prozent nach sieben Jahren. Auch der Anteil der Vollzeitbeschäftigten unter den erwerbstätigen Geflüchteten nimmt mit der Zeit zu: von 28 Prozent im ersten Jahr auf 65 Prozent nach sechs Jahren. Der Anteil derjenigen in Teilzeitbeschäftigung, Praktika oder geringfügiger Beschäftigung nimmt mit der Zeit ab (vgl. ebd., S. 2 f.). 


Frauen mit Fluchterfahrung seltener erwerbstätig als Männer 

Sechs Jahre nach Zuwanderung sind 67 Prozent der Männer mit Fluchterfahrung erwerbstätig, aber nur 23 Prozent der Frauen (vgl. ebd., S. 3). Nach sieben Jahren steigt der Anteil der Männer auf 76 Prozent, der Anteil der Frauen nur auf 26 Prozent. Erst acht Jahre nach Zuwanderung erhöht sich die Erwerbstätigenquote der Frauen mit Fluchterfahrung deutlicher, liegt aber mit 39 Prozent noch immer wesentlich unter der Quote der geflüchteten Männer. Zudem sind Frauen mit Fluchterfahrung seltener in einer Vollzeitbeschäftigung tätig als Männer. So liegt der Anteil der erwerbstätigen Frauen, die in Vollzeit arbeiten, sechs Jahre nach Zuzug bei 47 Prozent im Gegensatz zu 67 Prozent bei den Männern. Der Anteil ist jedoch etwas höher als unter allen erwerbstätigen Frauen in Deutschland (45 Prozent) (vgl. ebd., S. 4). 


Gender Pay Gap bei Geflüchteten 

Insgesamt steigt das mittlere Bruttomonatsentgelt der vollzeittätigen Geflüchteten mit der Aufenthaltsdauer – von 1.600 Euro in den ersten beiden Jahren auf 2.037 Euro im sechsten Jahr (vgl. ebd., S. 5). Unter den erwerbstätigen Frauen mit Fluchterfahrung liegen die mittleren Verdienste nach sechs Jahren jedoch mit 1.200 Euro deutlich unter denen der Männer (1.746 Euro). Das ist vor allem auf die hohe Teilzeitbeschäftigung zurückzuführen. Aber auch bei Beschäftigung in Vollzeit verdienen Frauen weniger als Männer (1.800 im Vergleich zu 2.037 Euro). Dieser geschlechtsspezifische Unterschied entspricht in etwa dem durchschnittlichen Verdienstgefälle zwischen Männern und Frauen in Deutschland (vgl. ebd., S.6; Destatis 2023).

 
Berufsbildung von Frauen mit Fluchterfahrung

Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) wird der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt für Frauen mit Fluchterfahrung häufig durch ein niedrigeres Bildungsniveau, begrenzte Berufserfahrung vor der Flucht und geringe Sprachkenntnisse erschwert. Laut Daten von 2016 bis 2020 (welche ebenfalls die ukrainischen Geflüchteten nicht einbeziehen!) verfügt fast die Hälfte der Frauen mit Fluchterfahrung nur über einen Grundschulabschluss und 20 Prozent über einen Abschluss der Sekundarstufe I. In Deutschland entspricht dies einem Abschluss der Hauptschule, Realschule oder des Gymnasiums bis zur 10. Klasse. 18 Prozent haben einen Abschluss des Sekundarbereichs II. Dies entspricht in Deutschland dem Abitur oder der Abschluss einer berufsbildenden Schule. Nur knapp drei Prozent verfügen über einen Bildungsabschluss, der einer Berufsausbildung entspricht (vgl. Cardozo 2023, S. 219). 


Gleichzeitig nehmen immer mehr Frauen mit Fluchterfahrung hiesige Bildungsangebote in Anspruch. Laut Befragungen absolvierte die Mehrheit der Frauen in Bildungsprogrammen zwischen 2016 und 2020 eine berufliche Ausbildung (64 Prozent). 14 Prozent besuchten eine allgemeinbildende Schule, 12 Prozent eine Hochschule und der Rest befindet sich in Umschulung oder Weiterbildungsangeboten (vgl. ebd., S. 220).

 
Geflüchtete Frauen ohne Partner und ohne Kinder am häufigsten erwerbstätig 

Die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Erwerbstätigkeit lassen sich vor allem auf die Sorgearbeit zurückführen, welche nach wie vor vorrangig Frauen übernehmen. Insbesondere mit Kindern unter drei Jahren im Haushalt sind geflüchtete Frauen seltener erwerbstätig (vgl. Brücker et al. 2023, S. 3). Eine Studie des IAB zeigt anhand von Daten von 2016 bis 2021, dass die Wahrscheinlichkeit der Erwerbstätigkeit unter Frauen mit Fluchterfahrung am höchsten ist, wenn diese ohne Partner und ohne Kinder in Deutschland leben (vgl. Ehab et al. 2024, S.1). Dies betraf im Jahr 2021 13 Prozent der Frauen mit Fluchterfahrung (vgl. ebd., S. 2). 54 Prozent der Frauen, die ohne Partner und ohne Kinder in Deutschland leben, besuchten kurz nach ihrer Zuwanderung Deutschkurse oder gingen einem anderen Bildungserwerb nach. Sechs Jahre nach Zuzug sind 43 Prozent von ihnen erwerbstätig und weitere zwölf Prozent auf Arbeitsuche. Das sind zwar weniger als bei Männern ohne Kinder und Partnerin (73 Prozent), die Wahrscheinlichkeit der Erwerbsbeteiligung liegt jedoch um 18 Prozentpunkte höher als bei Frauen mit Partner und mit Kindern (vgl. ebd., S. 5ff.). 


Die hier dargestellten Studien beziehen Menschen, die in Folge des russischen Angriffskrieges aus der Ukraine nach Deutschland geflohen sind, nicht mit ein.