Frauen verdienen nach wie vor weniger als Männer. Die Entgeltlücke zwischen Männern und Frauen (auch „Gender Pay Gap“ genannt) liegt in Deutschland bei 18 Prozent. Die Ursachen dafür sind vielfältig und zu großen Teilen strukturell bedingt. Doch auch bei gleicher Beschäftigung und gleicher Qualifikation verdienen Frauen durchschnittlich 7 Prozent weniger als Männer.
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Gleiche und gleichwertige Arbeit sollte gleich entlohnt werden. Eine Hürde ist dabei häufig mangelnde Transparenz über die Entgeltstrukturen. Die Strukturen und Prozesse, nach denen Löhne festgelegt werden, sind oft nicht ausreichend transparent – sowohl für Beschäftigte als auch für die Unternehmen selbst. Fehlende Entgelttransparenz kann somit auch ungewollt zu Entgeltunterschieden führen und steigert das Risiko von Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt.
Das Entgelttransparenzgesetz: Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit
Das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen (Entgelttransparenzgesetz) soll Bewusstsein für Entgeltregelungen und -strukturen bei Unternehmen und Beschäftigen schaffen und helfen, ungerechtfertigte Entgeltunterschiede abzubauen. Es trat zum 6. Juli 2017 in Kraft. Neben betrieblichen Prüfverfahren und Berichtspflichten für Arbeitgeber mit mehr als 500 Mitarbeitenden umfasst das Gesetz auch einen individuellen Auskunftsanspruch für Beschäftigte.
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Individueller Auskunftsanspruch
In Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeitenden haben Beschäftigte das Recht zu erfahren, nach welchen Kriterien und Verfahren ihr Lohn festgelegt wird. Außerdem können sie erfragen, wie das Entgelt für gleiche oder gleichwertige Tätigkeiten festgelegt werden. Wenn die Vergleichstätigkeit von mindestens sechs Personen des jeweils anderen Geschlechts ausgeübt wird, können Beschäftigte auch erfragen, wie hoch der Lohn für die Vergleichstätigkeit in dieser Vergleichsgruppe ist.
Was ist gleiche oder gleichwertige Arbeit?
Gleiche Arbeit liegt vor, wenn Frauen und Männer eine identische oder gleichartige Tätigkeit ausüben. Ist das der Fall, können sie sich bei Bedarf gegenseitig ersetzen. Bei gleichwertiger Arbeit machen die Beschäftigten inhaltlich zwar etwas anderes, für die Tätigkeiten gelten aber ähnliche Anforderungen. Es lohnt sich also auch, Tätigkeiten miteinander zu vergleichen, die auf den ersten Blick verschieden erscheinen.
Wer von dem Auskunftsanspruch Gebrauch machen möchte, richtet sich schriftlich oder per E-Mail an den Betriebsrat oder an den Arbeitgebenden. Arbeitgeber, die nicht tarifgebunden oder tarifanwendend sind, müssen daraufhin innerhalb von 3 Monaten Auskunft geben. Für tarifgebundene oder -anwendende Arbeitgeber gibt das Gesetz keine Frist vor, aber auch sie sind zur Auskunft verpflichtet.
Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Entgelttransparenzgesetz finden Sie in diesem Flyer.
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Wie wirkt das Entgelttransparenzgesetz bisher?
Die Umsetzung und Wirkung des Entgelttransparenzgesetzes wurden 2023 zum zweiten Mal evaluiert. Der zweite Evaluationsbericht zeigt, dass das Gesetz und seine Instrumente nach wie vor nicht ausreichend bekannt sind. Besonders der individuelle Auskunftsanspruch wird von Beschäftigten noch nicht häufig genutzt.
Der zweite Evaluationsbericht zeigt:
- Nur vier Prozent der befragten Beschäftigten in Betrieben und Einrichtungen des öffentlichen Dienstes mit mehr als 200 Beschäftigten haben ihren Anspruch auf Auskunft genutzt.
- Knapp 30 Prozent der befragten Unternehmen haben seit 2019 ihre betrieblichen Entgeltstrukturen überprüft.
- Nur zehn Prozent der Unternehmen, die nicht tarifgebunden oder -anwendend sind, haben über Gleichstellung und Entgeltgleichheit Bericht erstattet. Unter Unternehmen mit tariflicher Entgeltstruktur waren es knapp 30 Prozent.
Die Handlungsempfehlungen des Berichts sind eine wichtige Grundlage, um das Entgelttransparenzgesetz weiterzuentwickeln und seine Wirksamkeit zu erhöhen.
Stärkere Arbeitnehmerrechte durch die EU-Entgelttransparenzrichtlinie
Das Thema Entgeltgleichheit ist nicht nur in Deutschland ein wichtiges Thema. In den EU-Staaten liegt der Gender Pay Gap bei durchschnittlich 13 Prozent. Die EU-Kommission schlug daher im März 2021 eine EU-Richtlinie für mehr Entgelttransparenz vor. Die „Richtlinie zur Stärkung Richtlinie zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Lohntransparenz und Durchsetzungsmechanismen“ (Entgelttransparenzrichtlinie) wurde am 24.04.2023 final durch den Rat der Europäischen Union angenommen. Die Mitgliedstaaten haben danach drei Jahre (bis Juni 2026) Zeit, um die Vorgaben umzusetzen.
Die EU-Richtlinie umfasst folgende Maßnahmen:
Lohntransparenz im Bewerbungsprozess
Arbeitgebende müssen in der Stellenausschreibung oder vor dem Vorstellungsgespräch Informationen über das Einstiegsentgelt oder dessen Spanne bereitstellen. Außerdem dürfen sie Bewerbende nicht mehr nach ihrem früheren Gehalt fragen.
Auskunftsanspruch zu Durchschnittseinkommen (unabhängig von der Unternehmensgröße)
Beschäftigte können Auskunft über ihr individuelles Einkommen und über die durchschnittlichen Einkommen zu verlangen – aufgeschlüsselt nach Geschlecht und für Gruppen von Beschäftigten, die die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten.. Dieses Recht gilt unabhängig von der Größe des Unternehmens.
Berichterstattung über geschlechtsspezifische Lohnunterschiede
Arbeitgebende mit mindestens 100 Beschäftigten müssen regelmäßig Daten zur Lohnlücke zwischen den Geschlechtern veröffentlichen. In der ersten Phase müssen Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten jährlich und Unternehmen mit 150 bis 249 Beschäftigten alle drei Jahre Bericht erstatten. Ab 2031 müssen Unternehmen mit 100 bis 149 Beschäftigten ebenfalls alle drei Jahre Bericht erstatten. Ergibt die Berichterstattung ein Lohngefälle von mindestens 5%, für das es keine objektiven Gründe gibt, muss das Unternehmen zusammen mit Beschäftigtenvertreterinnen und -vertretern eine Entgeltbewertung vornehmen.
Ansprüche für Beschäftigte
Beschäftigte, die geschlechtsspezifischer Lohndiskriminierung ausgesetzt sind, haben Anspruch auf vollständige Nachzahlung des ihnen vorenthaltenen Entgelts, einschließlich vorenthaltener Boni oder Sachleistungen. Zusätzlich können sie einen Anspruch auf Schadensersatz und Entschädigung geltend machen.
Möglichkeit der Verbandsklage
Qualifizierte Verbände können Klägerinnen und Kläger dabei unterstützen, gerichtlich gegen Verstöße gegen das Entgelttransparenzgesetz vorzugehen. So können benachteiligte Beschäftigte – meist Frauen –ihr Recht auf gleiches Entgelt leichter durchsetzen.