Kompetenzzentrum PQHD Lösungsansätze und Herausforderungen der haushaltsnahen Dienstleistungen in Europa und im internationalen Vergleich

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In zwei Themenblöcken präsentierten Wissenschaftler:innen aktuelle Forschung zur erfolgreichen Implementierung haushaltsnahen Dienstleistungen und zu Herausforderungen bei der Professionalisierung dieser Tätigkeiten. 

Als Moderatorin der Veranstaltung führte Aurélie Decker (Direktorin bei EFSI (European Federation for Services to Individuals)) thematisch in die Herausforderungen im Bereich der haushaltsnahen Dienstleistungen in der Europäischen Union ein. Von den ca. 10 Millionen Menschen, die in diesem Sektor arbeiten, seien mindestens 3,5 Millionen unangemeldet tätig. 91 % der Arbeitskräfte sind Frauen, oft mit Migrationshintergrund. Der Sektor leide unter Arbeitskräftemangel, ausgelöst durch prekäre Arbeitsbedingungen. Dabei haben digitale Plattformen in den letzten Jahren neue Dynamiken mit sich gebracht.

Daran anknüpfend hob Prof. Dr. Christine Küster (Leiterin des Kompetenzzentrums Professionalisierung und Qualitätssicherung haushaltsnaher Dienstleistungen an der Hochschule Fulda) in ihrer Begrüßung die Relevanz bezahlbarer und qualitätsgesicherter Dienstleistungen hervor, insbesondere im Kontext von Fachkräftemangel, Work-Life-Balance und Care-Arbeit.

Auch Thomas Fischer (Leiter des Referats „Arbeitsmarkt“ im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)) betonte in seinen Begrüßungsworten die Interessen des BMFSFJ, Arbeitsmarktperspektiven und Arbeitsbedingungen im Bereich der haushaltsnahen Dienstleistungen in Deutschland zu verbessern. Dabei sei auch die Arbeit Kompetenzzentrums PQHD innerhalb der letzten zehn Jahren von hoher Bedeutung.

Zum ersten Themenabschnitt zur erfolgreichen Implementierung von professionellen haushaltsnahen Dienstleistungen berichtete Prof. Dr. Merita Mesiäislehto (Finnish Institute for Health and Welfare), dass in den nordischen Ländern, insbesondere Finnland, Schweden und Dänemark, Steueranreize die Formalisierung haushaltsnaher Dienstleistungen förderten. In Italien dagegen sei der Sektor stark segmentiert, stellte Dr. Luisa de Vita (Sapienza University of Rome) dar. 53 % der Arbeit sei nicht formalisiert. Nationale Tarifverträge für Haushaltshilfen existieren, jedoch mangele es an zertifizierten Anbietern. Die Plattformökonomie verstärkt auch die soziale Segmentierung, insbesondere im Hinblick auf Ethnizität. 

Im zweiten Teil der Konferenz wurden Herausforderungen der Care-Arbeit aus internationaler Perspektive betrachtet. Zunächst betonte Mark Bergfeld (UNI Global Union) anhand der Ergebnisse aus dem „PHS Employment Monitor“, dass Arbeitskräfte in diesem Bereich oft unter prekären Bedingungen arbeiten. Zu den Vor- und Nachteilen von Plattformen vermittelte Tengetile W. Nhleko (University of Eswatini (Swaziland) aus ihrer Forschung, dass in Afrika Plattformen eine Chance für den Zugang zu Kund:innen mit höherem Einkommen seien, jedoch würden diese auch oft informelle Beschäftigungsverhältnisse fördern. Ältere Arbeitnehmerinnen und Migrantinnen würden häufig ausgeschlossen. Auch in Spanien werden haushaltsnahe Dienstleistungen überwiegend informell erbracht, da das öffentliche Pflegesystem stark unterfinanziert sei, berichtete Prof. Dr. Paula Rodríguez-Modroño (Pablo de Olavide University). Den spanischen Plattformen liegen verschiedene Geschäftsmodelle zu Grunde, die häufig zu niedrigen Löhnen und fehlendem sozialen Schutz führten.

Insgesamt hob die Veranstaltung die Notwendigkeit öffentlicher oder halböffentlicher Arbeitgeberstrukturen hervor. Modelle wie das französische Plattform-System und das belgische Gutscheinsystem wurden als Vorbilder genannt. Der Stellenwert der Formalisierung der haushaltsnahen Dienstleistungen, die auch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen (z. B. durch Tarifverträge) in den Blick nehmen sollte, wurde unterstrichen. Digitale Plattformen könnten zur Regulierung und Aufwertung der Tätigkeiten beitragen, stellen aber keine universelle Lösungsmöglichkeit dar. 

Die gesamte Online-Konferenz ist online abrufbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=ZPjRMlaejo0  

Die Präsentationen sowie in Kürze die Tagungsdokumentation finden Sie auf der Website des Kompetenzzentrums PQHD. 

Das Kompetenzzentrum PQHD wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Aktionsprogramms „Gleichstellung am Arbeitsmarkt. Perspektiven schaffen“ (GAPS) gefördert.