Erfolgsgeschichte Unternehmensgründung Wiedereinstieg als Selbstständige

Dominika Rotthaler am Schreibtisch mit Tablet in den Händen
© Karolina Krausser

perspektiven-schaffen.de: Wie lange haben Sie durch die Elternzeit beruflich pausiert?

Dominika Rotthaler: Ich finde den Begriff „pausieren“ in Hinblick auf Beruf und Familie nicht ganz passend. Eine Pause zu machen, bedeutet für mich, bewusst eine Entscheidung zu treffen, um irgendwas nicht zu tun. In der Realität sieht das heutige Berufsleben ganz anders aus! Es besteht nicht nur aus Stationen, sondern auch aus verschiedenen Situationen, die das ganze Bild beeinflussen. Meiner Meinung nach sollte man den Werdergang einer Mutter nicht als Leben vor und nach der Familie betrachten, sondern als eine Einheit, in der sich verschiedene Elemente des Lebens gegenseitig ergänzen, beeinflussen und auch verändern. In diesem Sinne sehe ich meinen beruflichen Weg als Zusammenfassung von Fachwissen, Erfahrung, Durchhaltevermögen, Networking, Zufall und Glück. Aber auch von anderen Aspekten, die im Leben immer eine Rolle spielen. Auch der Begriff „Elternzeit“ im Sinne von einer „beruflichen Pause“ trifft heutzutage nicht ganz zu, denn selbst mit kleinen Kindern kann man sich beruflich weiterentwickeln, Fortbildungen besuchen und sich neues Wissen aneignen. Als ich schwanger war, absolvierte ich ein Praktikum bei der Kulturabteilung des Polnischen Konsulates in München. Als mein Sohn ein Baby war, besuchte ich eine Weiterbildung bei der IHK München. Und als er 12 Monate alt war, gründete ich einen Blog, mit dem ich später auch Geld verdiente. All das passierte, nicht weil ich „pausiert“ hatte, sondern weil ich mich bewusst dafür entschieden hatte.

perspektiven-schaffen.de: Gab es einen Plan, wann und wie Sie den beruflichen Wiedereinstieg angehen wollten?

Dominika Rotthaler: Ich wusste, dass ich relativ schnell mindestens zwei Kinder haben möchte und da zwischen der Geburt meines ersten und zweiten Sohnes lediglich zwei Jahre liegen, habe ich mich auf andere Sachen konzentriert, als auf die Jobsuche. Ich habe in eine liebevolle Kinderbetreuung und meine Weiterbildung investiert, habe mich stets im Bereich Social Media und Webdesign weiterentwickelt – anfangs rein intuitiv, später bewusst strategisch für meine Blogs. Bereits 2012 wusste ich, dass soziale Netzwerke und Online-Kommunikation eine große Zukunft haben. Ich habe aber damals noch nicht vermutet, dass ich sechs Jahre später daraus meinen Beruf machen würde.

perspektiven-schaffen.de: Haben sich während der Elternzeit Ihre beruflichen Perspektiven verändert?

Dominika Rotthaler: Die heutige Berufswelt verändert sich sehr schnell. Fast täglich entstehen neue Berufe, andere werden nicht mehr ausgeübt. Ich glaube, es gehört ein Stück zu unserer Verantwortung, sich mit der modernen Arbeitswelt auseinander zu setzen, die Trends zu beobachten, in die Zukunft zu schauen, damit man nicht den Anschluss verpasst. Mein Leben hat mich glücklicherweise immer herausgefordert – manchmal sogar mehr als mir lieb war – und zahlreiche Wohnortwechsel haben mir stets neue Impulse geschenkt.

perspektiven-schaffen.de: Welche Schritte sind Sie gegangen, um den beruflichen Wiedereinstieg erfolgreich zu meistern?

Dominika Rotthaler: Up to date (aktuell) zu bleiben finde ich ganz wichtig. Man muss aber nicht alles können und alle Antworten kennen. Deswegen habe ich auf meinem Weg nach möglicher Unterstützung gesucht, in den Bereichen, wo ich selber nichtweiter kam. Ich bin froh, dass es in Deutschland Programme und Projekte gibt, die Frauen dabei unterstützen und proaktive Beratung anbieten. Zusätzlich habe ich meinen Mann in meine Berufsplanung involviert und mit ihm bestimmte Ideen besprochen. Ich fand es wichtig, dass er daran teilnimmt und mir den Rücken freihält, wo es nötig war und ist. Denn der Wiedereinstieg eines Familienmitglieds muss immer von beiden Partnern getragen werden.

perspektiven-schaffen.de: Wie sind Sie auf power_m „Perspektive Wiedereinstieg“ aufmerksam geworden?

Dominika Rotthaler: Da ich zum damaligen Zeitpunkt (2015) in Deutschland noch nie angestellt war, suchte ich nach einer Beratung, die mir Informationen zum deutschen Arbeitsmarkt liefern konnte. Des Weiteren wollte ich meine eigenen Kompetenzen besser erkennen und mehr über die Möglichkeiten einer Festanstellung erfahren. Eine gute Freundin von mir empfahl mir power_m als eine gute Möglichkeit, mein Wissen und meine Berufserfahrung zu sortieren, um mich auf dem Arbeitsmarkt besser positionieren zu können. Die Info-Veranstaltung von power_m überzeugte mich und ich sah es als Investition in meine Zukunft und eine gute Möglichkeit, meine Selbstentwicklung voranzutreiben.

perspektiven-schaffen.de: Welche Maßnahmen haben Sie bei power_m in Anspruch genommen und wie haben sich diese auf Ihren berufliche Karriere ausgewirkt?

Dominika Rotthaler: Was ich sehr gut an power_m fand, war der stetige Bezug zur Arbeitswelt sowie die vielen praktische Übungen. Auch das Arbeiten im Team, der Austausch mit den anderen Teilnehmerinnen und die gegenseitige Unterstützung waren für mich sehr wertvoll. Ich konnte dort meinen Lebenslauf anpassen, Verhandlungstechniken üben und meine PC-Kenntnisse auffrischen. Der Rückblick auf mein gesamtes Berufsleben verhalf mir dazu, meine Kompetenzen richtig zu definieren und sie für weitere Bewerbungen zu verwenden. Ich habe gelernt, diese Komponenten für mein Selbstmarketing zu nutzen, was bis heute in meinem Berufsleben enorm wichtig ist.

perspektiven-schaffen.de: Welche Erfolge beziehungsweise Schwierigkeiten begleiteten Ihren Wiedereinstiegsprozess?

Dominika Rotthaler: Aus Perspektive einer Ausländerin ist es wichtig, die Regeln zu kennen, die auf dem deutschen Arbeitsmarkt gelten. Es geht nicht nur darum, die richtigen Unterlagen zusammen zu stellen, sondern man muss auch die interkulturellen Unterschiede kennen, die oft eine wesentliche Rolle beim Wiedereinstieg oder allgemein bei Bewerbungen spielen. Auch muss man viel Mut haben und selbstbewusst rüberbringen, dass man als nicht Muttersprachlerin genug Kompetenzen und Fachwissen für die ausgeschriebene Stelle mitbringt. Die deutsche Kultur ist sehr zeugnisorientiert und wenn die Unterlagen nicht stimmen oder nicht anerkannt werden können, ist es schwierig, sich zu behaupten. Quereinsteiger haben es nicht leicht!

perspektiven-schaffen.de: Welche berufliche Entwicklung hat zwischenzeitlich stattgefunden?

Dominika Rotthaler: Meine Festanstellung in München kam 2016 bei einer PR Agentur zustande. Da mein Mann damals bereits in Frankfurt arbeitete und ich unter der Woche alleine mit den Kindern war, empfand ich diese Phase als besonders anstrengend. Im Frühjahr 2017 entschieden wir uns, unseren Standort von München nach Frankfurt zu wechseln und somit unsere Wahlheimat zu verlassen. Das fiel uns allen nicht leicht. Meinen Job bei der PR Agentur in München habe ich aus diesem Grund gekündigt.

Im Sommer 2017 zog ich mit meiner Familie ins Rhein-Main-Gebiet nahe Frankfurt. Ich wollte diese neue Chance ergreifen und meinen beruflichen Traum verwirklichen. Die Selbstständigkeit war schon immer eine interessante Lösung für mich, ich hatte aber nie genug Mut und Selbstvertrauen, dass es bei mir klappen würde. Deswegen wendete ich mich an Jumpp in Frankfurt – das ist ein Verein, der Frauen in die Selbstständigkeit begleitet und dabei unterstützt. Somit fühlte ich mich in den ersten Monaten nicht alleine und konnte viele Fragen klären. Der persönliche Austausch und die weibliche Solidarität sind in solchen Momenten unbezahlbar!

perspektiven-schaffen.de: Wann hatten Sie das Gefühl, es geschafft zu haben?

Dominika Rotthaler: Ich glaube, der Prozess ist bei mir immer noch nicht abgeschlossen. Ich bin jetzt seit einem Jahr als Social Media Beraterin selbstständig, doch in meinem Bereich verändert sich ständig etwas. Ich bin mit meiner Jobauswahl sehr zufrieden, habe eine abwechslungsreiche Arbeit, die mir viel Freude und Spaß bereitet. Allerdings ist man als Selbstständige immer ein bisschen besorgt, wie die eigene Zukunft aussehen wird. Ich wünschte mir mehr finanzielle Unabhängigkeit und Zuversicht – daran werde ich 2019 intensiv arbeiten. Mein Ziel ist es, einige feste Kunden zu gewinnen, die ich über einen längeren Zeitraum betreuen kann.

perspektiven-schaffen.de: Sie haben vor kurzem einen Vortrag auf der herCAREER 2018 gehalten. Welches Thema haben Sie referiert und in welchem Zusammenhang stand dieser Vortrag?

Dominika Rotthaler: Ich arbeite als Social Media Expertin und kenne mich mit sozialen Netzwerken sehr gut aus – nicht nur aufgrund meiner Blogger-Aktivitäten, sondern auch, weil ich ein großer Fan von Social Media bin. Ich bin fest davon überzeugt, dass soziale Netzwerke nicht ausschließlich Risiken mitbringen. Sie bieten uns auch Chancen, neue Berufswege einzuschlagen und das persönliche Netzwerk zu erweitern. Deswegen habe ich auf der herCAREER drei verschiedene Themen angesprochen, die sowohl für Jobsuchende, als auch für Selbstständige oder Unternehmen von Bedeutung sind. Ich habe über Social Media Strategie als Teil des Bewerbungsprozesses, über die Stärkung der Markenbotschaft durch soziale Netzwerke und über mein Lieblingsmedium – Instagram für Business – gesprochen. Solche Workshops und Seminare biete ich sowohl offline, als auch online an.

perspektiven-schaffen.de: Welche Visionen haben Sie für Ihre (berufliche) Zukunft?

Dominika Rotthaler: Momentan bin ich mit meiner Berufswahl sehr zufrieden. Jeder Tag bietet neue Möglichkeiten – im Leben einer selbstständigen Social Media Beraterin gibt es keinen Platz für Langeweile. Mein Job ist sehr abwechslungsreich und spannend und erlaubt mir gleichzeitig, meine Arbeitszeit flexibel und frei zu gestalten. Aber eins ist sicher: die ganze Familie muss mitmachen, sonst klappt es nicht. Sowohl mein Mann, als auch meine Kinder müssen es verstehen, dass ich oft an Wochenenden arbeite und ab und zu für zwei bis drei Tage verreise. Das funktioniert nur dann, wenn alle wissen, warum ich es mache und was mich dabei motiviert.

In meiner Vision sehe ich mich als eine Art Brücke zwischen den beiden Nationen, die ich repräsentiere. Ich komme aus Polen, lebe seit 2010 in Deutschland und fühle mich beiden Ländern verbunden. Ich möchte gerne mehr Projekte begleiten oder selber entwickeln, welche die Verbundenheit zwischen meiner Heimat und Wahlheimat stärken und den Austausch auf positive Art und Weise anregen.

perspektiven-schaffen.de: Möchten Sie noch etwas anmerken?

Dominika Rotthaler: Ich finde, Erfolg ist ein relativer Begriff – seine wahre Definition hängt stark davon ab, welche Werte für uns wichtig sind und was uns im Berufsleben wirklich motiviert. Ich habe meinen Werdegang ganz gut gemeistert, finde ich! Ich hatte selten Momente, in denen ich nichts gemacht und mich ausschließlich einem Aspekt meines Lebens (zum Beispiel Familie) gewidmet habe. Ich war immer auf der Suche nach Lösungen, Weiterbildungen, Programmen, die mir helfen können, den nächsten Schritt zu machen. Und das machen viele Frauen – oft unbewusst. Sie engagieren sich ehrenamtlich in der Kindertageseinrichtung ihrer Kinder oder in einem Sportverein. Sie recherchieren, bilden sich aus, erlangen neue Fähigkeiten, managen die ganze Familie, Haushalt und Freizeit. Alle diese Kompetenzen werden leider viel zu selten bei der Jobsuche oder bei einer Berufsveränderung berücksichtigt. Und das finde ich schade! Ich musste selber lernen, dies auch als einen Teil meiner Karriere zu sehen und die dafür nötige Anerkennung zu erlangen.

perspektiven-schaffen.de: Herzlichen Dank für das interessante Gespräch!