Broschüre Neunter Familienbericht der Bundesregierung

Cover der BMFSFJ-Broschüre "Eltern sein in Deutschland"
© Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Häufig entscheiden sich Eltern aufgrund wirtschaftlicher Zwänge und Anreize für die geschlechtsspezifische Rollenaufteilung. Vor allem das Steuer- und Krankenversicherungssystem hemmt aktuell eine ausgeglichene Aufgabenteilung. Der Familienbericht wird im Auftrag der Bundesregierung in jeder zweiten Legislaturperiode erstellt. Er dient dazu, die Politik zu informieren und zu zeigen, wie Familien wirksam und nachhaltig gefördert werden können. Grundlage des Berichts ist die Untersuchung der aktuellen Lebenswirklichkeit von Eltern und Kindern durch eine unabhängige Sachverständigenkommission aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Die Kommission betrachtet für ihre Empfehlungen die unterschiedlichsten Bereiche des Elternseins von der wachsenden Diversität von Familien bis hin zur wirtschaftlichen Absicherung.

Klassisches Rollenmodell: Finanzielle Risiken für Frauen und Familien

Ein Umdenken mahnen die Sachverständigen dabei im Hinblick auf Berufstätigkeit, Aufgabenteilung in der Familie und Vereinbarkeit an. Mittlerweile sind zwar 73 Prozent der Mütter in Westdeutschland und 80 Prozent der Mütter in Ostdeutschland erwerbstätig. Viele arbeiten aber nur in Teilzeit und würden ihre Arbeitsstunden gerne ausweiten. Gleichzeitig wünschen sich Väter häufig, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, um mehr Zeit für die Familie zu haben. Die klassische Rollenverteilung widerspricht damit den Wünschen vieler Familien. Zudem hat sie negative Folgen für die finanzielle Situation von Frauen und unter Umständen auch für die Familie. Die Corona-Pandemie habe erneut gezeigt, wie unerwartet und schnell ein Elternteil von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit betroffen sein kann. Sind beide Eltern im größeren Umfang berufstätig, bedeutet das mehr finanzielle Sicherheit auch in Krisenzeiten.

Eine entscheidende Rolle spielt aus Sicht der Sachverständigen dabei das sogenannte Ehegattensplitting. Für verheiratete Frauen setze es negative Erwerbsanreize. Änderungen im Steuerrecht könnten für eine gleichmäßigere Verteilung der individuellen Nettoeinkommen bei gleichbleibender Steuerbelastung der Paare und so für eine bessere Einbindung von Frauen im Arbeitsmarkt sorgen. Ebenfalls kritisch sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus diesem Grund die beitragsfreie Mitversicherung von nicht oder nur geringfügig erwerbstätigen Ehepartnerinnen in den gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen.

Kinderbetreuung ausbauen und Arbeitszeiten flexibler gestalten: Faire Aufgabenteilung braucht bessere Vereinbarkeit

Damit sowohl Väter wie Mütter einer existenzsichernden Beschäftigung nachgehen können, muss laut dem Familienbericht aber auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert werden. Ein wichtiger Baustein ist in diesem Hinblick der Ausbau der Kinderbetreuung vom Krippen- bis hin zum Grundschulalter. Unternehmen sind ebenfalls gefordert, Familien besser zu unterstützen. Hier sehen die Sachverständigen vor allem flexible Arbeitszeitmodelle und die Möglichkeit vom Homeoffice aus zu arbeiten als wichtige Instrumente.

Darüber hinaus könne die Weiterentwicklung des Elterngeldes einen Beitrag dazu leisten, dass Elternpaare die Sorgearbeit gerechter aufteilen. Studien zeigen, dass Väter, die Elterngeld beziehen, anschließend eine aktivere Rolle in der Familie übernehmen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn Väter ihre Elterngeldmonate unabhängig von den Elterngeldmonaten der Mutter nehmen. Aus Sicht der Kommission kann es deshalb unter anderem sinnvoll sein, individuelle Elterngeldmonate künftig stärker zu fördern.