Zwischen Corona-Pandemie und sich verändernden Rollenbilder Familienreport 2020

Cover der Broschüre "Familienreport 2020"
© Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Ziel der Familienpolitik in Deutschland ist es, allen Familien gute Rahmenbedingungen für ein gelingendes Familienleben zu eröffnen. Im Fokus stehen dabei die wirtschaftliche Stabilität, die Erleichterung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie das gute Aufwachsen von Kindern. In den vergangenen Jahren wurden dafür unter anderem die familienbezogenen Leistungen angepasst bzw. verbessert und entbürokratisiert, die Kindertagesbetreuung ausgebaut, das Elterngeld weiter verbessert und die digitalen Angebote für Familien erweitert. Auf die Corona-Pandemie wurde mit zusätzlichen befristeten Maßnahmen reagiert, um Eltern und Kinder in dieser herausfordernden Phase zu unterstützen. Der Familienreport 2020 zeigt, wie die unterschiedlichen Entwicklungen miteinander verzahnt sind.

Corona-Pandemie verdeutlicht die Rolle guter Kinderbetreuung für Familien

Eine repräsentative Befragung des Allensbach-Instituts im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus April/Mai 2020 zeigt, dass es neben den Arbeitsbedingungen auch von den jeweiligen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Familien abhängt, wie belastend sie die Krise im Frühjahr 2020 empfanden. Insgesamt sagten 59 Prozent der befragten Eltern mit Kindern unter 15 Jahren, dass sie bis dato (als etwa Betreuungseinrichtungen und Schulen noch weitgehend geschlossen waren) gut durch die Krise gekommen seien. Bei Eltern mit einem niedrigen sozioökonomischen Status waren es allerdings nur 49 Prozent, während es bei Eltern mit hohen sozioökonomischen Status 66 Prozent waren. Eltern mit höherem Bildungsstatus und Einkommen hatten häufiger die Möglichkeit, Homeoffice und flexible Arbeitszeiten zu nutzen. Zudem waren sie seltener von Kurzarbeit, verringertem Einkommen und finanziellen Sorgen betroffen.

Die Corona-Krise hat laut dem Familienreport erneut deutlich gemacht, wie wichtig eine gute Kinderbetreuung für Familien ist. Kitas, Horte und Ganztagsschulen sind ein wesentlicher Faktor für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit dafür, dass Eltern mit ausreichenden Arbeitsstunden selbstständig für den Unterhalt der Familie sorgen können. Ein weiterer wichtiger Faktor sind besonders in Krisenzeiten familienfreundliche Unternehmen, die flexibel und verständnisvoll auf die schwierige Lage von Eltern reagieren.

Familien in Europa: Deutsche überdurchschnittlich zufrieden

Die Familie ist für die Deutschen mit 77 Prozent nach wie vor der wichtigste Lebensbereich, vor dem Beruf und Freunden. Im europäischen Vergleich zeigen sich Familien in Deutschland überdurchschnittlich zufrieden. 94 Prozent sind nach eigenen Angaben „total glücklich“ mit ihrem Familienleben. Im EU-Durchschnitt sind es 91 Prozent. Häufigste Familienform sind verheiratete Eltern, wobei es in Ostdeutschland deutlich mehr Lebensgemeinschaften und Alleinerziehende gibt als in Westdeutschland. In mehr als der Hälfte der Familien (52 Prozent) lebt ein Kind. 37 Prozent haben zwei Kinder und 12 Prozent drei und mehr Kinder. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland damit im Mittelfeld – auch in Europa ist statistisch gesehen das Einzelkind mittlerweile am häufigsten.

Wirtschaftliche Lage: Das männliche Alleinverdiener-Modell hat ausgedient

Familien sind finanziell am besten aufgestellt, wenn beide Elternteile einer existenzsichernden Erwerbstätigkeit nachgehen. Inzwischen sind in Deutschland in 65 Prozent aller Paarfamilien beide Elternteile berufstätig (2006: 56 Prozent). Das männliche Alleinverdiener-Modell verliert an Bedeutung, während Berufstätigkeit für den Großteil der Mütter (auch mit jungen Kindern) heute selbstverständlich ist.

64 Prozent der Mütter mit Kindern unter sechs Jahren gehen mittlerweile einer Arbeit nach (2006: 60 Prozent). Damit liegt Deutschland im europäischen Durchschnitt (64 Prozent). Am häufigsten sind Mütter in Schweden berufstätig (84 Prozent), am seltensten in der Slowakei und Ungarn (43 Prozent).

Ob und wie viel Mütter arbeiten, hängt auch von ihrem Bildungsniveau ab. Bei Müttern mit mittlerem oder hohem Bildungsabschluss gehen 73 Prozent beziehungsweise 74 Prozent einem Beruf nach. Bei Müttern mit niedrigem Bildungsabschluss sind es 43 Prozent. Außerdem arbeiten Mütter mit hohem Bildungsniveau häufiger in Vollzeit oder vollzeitnah.

Rollenbilder haben sich verändert

Parallel zur Entwicklung der Erwerbstätigkeit haben sich auch die Rollenbilder verändert. 71 Prozent der Deutschen sprechen sich mittlerweile für eine gleichberechtigte Aufgabenteilung zwischen Frauen und Männern aus (EU-Durchschnitt: 54 Prozent). Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung erwarten, dass Väter sich um ihre Kinder kümmern, sich stark im Familienalltag engagieren und ihre Partnerin unterstützen. Eine wichtige Rolle auf dem Weg zu einer gerechteren Aufgabenteilung spielt das Elterngeld bzw. das ElterngeldPlus. Während ein Jahr nach der Einführung des Elterngelds jeder fünfte anspruchsberechtigte Vater davon Gebrauch machte (21 Prozent), waren es 2017 bereits mehr als 40 Prozent. Auch das 2015 eingeführte ElterngeldPlus begünstigt, dass Familien eine partnerschaftliche Aufgabenteilung stärker in den Fokus nehmen, Frauen häufiger wieder in den Beruf einsteigen und dass Väter sich mehr Zeit für ihre Kinder nehmen. 41 Prozent der ElterngeldPlus beziehenden Väter bestätigen, dass sie sich ohne ElterngeldPlus weniger Zeit für die Kinderbetreuung genommen hätten. 24 Prozent der Mütter geben an, dass sie mit dem ElterngeldPlus ihre beruflichen Ziele besser verfolgen konnten.

Weitere Daten, Fakten und Trends zur Lage der Familien in Deutschland finden Interessierte im Familienreport 2020, der online heruntergeladen werden kann.